Dieses Jahr wird die Familienbegleitende Wochengruppe in Rauschenberg 18 Jahre alt, also volljährig! Party? Große Feier und Jubel? Geschenke??? Gab es noch nicht. Wir warten noch darauf 😉
Aber Zeit, unsere Arbeit noch einmal vorzustellen!

Wir freuen uns, dass wir so alt werden durften, haben wir doch auf dem Weg zur Volljährigkeit einige Geschwistergruppen verloren. Wochengruppenarbeit ist etwas Besonderes und deshalb auch immer wieder vom Aussterben bedroht. Bei uns wird FAMILIENARBEIT groß geschrieben.

„Wir bieten Müttern und Vätern die Möglichkeit, sich für die Erziehung ihrer Kinder fortzubilden und sich in schwierigen Erziehungssituationen Unterstützung und Hilfe zu holen. Familien werden zu einem respektvollen Umgang miteinander ermutigt, über Möglichkeiten der medizinischen Vorsorge und Gesundheitsförderung informiert, bei Fragen zu schulischen Problemen ihres Kindes unterstützt oder für den verantwortungsvollen Umgang mit elektronischen Medien sensibilisiert. Beratung finden Eltern auch bei einer möglichen Trennung oder Scheidung.“, sagt die Bundesfamilienministerin auf ihrer Website zu ihren Aufgaben.

„Wir stärken die Elternkompetenz. Mütter und Väter sollen ihren Kindern all das mit auf den Weg geben können, was für die Entfaltung der Persönlichkeit des Kindes, seine sozialen Kompetenzen und eine solide Bildung nötig ist.“

Genau DAS machen wir in unserer täglichen Arbeit!

Die Wochengruppe in Rauschenberg liegt ziemlich verträumt im alten Forsthaus, am Waldrand. Hier sagen sich Hase und Igel gute Nacht und die Rehe schauen zum Fenster herein. Idyllisch und romantisch sagen viele. Die große Stadt Marburg ist nicht weit weg mit all ihren tollen Freizeitmöglichkeiten.

Wir sind ein starkes tolles und vielseitiges Team, das sich aus Gruppenleitung, Mitarbeitenden, Familienberatung und einer Hauswirtschaftskraft zusammensetzt. Oder besser gesagt, bei uns arbeiten starke, emphatische , kreative, offene, witzige, lebensfrohe, liebevolle, vielseitige, flexible , verrückte, verlässliche, fröhliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Herzblut. Wir sind Pädagogen, Berater, Therapeuten, Tierpfleger, Köche, Fahrer, Lehrer, Reinigungskräfte, Reiseleiter, Clown, Versorger für alle Lebensbereiche. Außerdem arbeiten bei uns immer wieder Katzen und andere Findeltiere auf Honorar- Basis mit, die oft einen viel besseren und persönlicheren Zugang zu den Kindern und Jugendlichen haben. Die Mitarbeiterin des Jahres 2016, die Katze „Einsi“,hat schon manches Kinderherz geöffnet und bei Heimweh getröstet.

Die wichtigsten Mitarbeiter bei uns sind aber die Kinder und Jugendlichen mit ihren Familien.

Es gibt neun Plätze für Kinder und Jugendliche im Alter von 6-14 Jahren bei uns, aber wir nehmen ja nicht nur Kinder und Jugendliche auf, sondern die gesamte Familie. Das ist das Besondere an unserer Arbeit. Meist kommen die Familien zu uns, weil sie momentan nicht mehr zusammenleben können. Es entwickelt sich etwas Neues in der Familie, die einen nennen es Krise, die anderen
Probleme. Dennoch: „ Probleme sind versteckte Möglichkeiten“, so auch das Motto unserer Bereichsleitung Petra Schreiber.

Wir kitzeln diese Möglichkeiten in unserer gemeinsamen Arbeit heraus und schaffen somit Perspektiven für die Familien und deren Miteinander. Denn unser Ziel ist:
die Rückführung in die Familie und dass das Zusammenleben wieder besser klappt.

Wie machen wir das?

In unserem ausführlichen Aufnahmeverfahren werden die Kontakte geknüpft. In der Gruppe kann man sich alles in Ruhe anschauen, man kann darüber schlafen, nachfragen, ausprobieren wie es sich anfühlt. Die Gruppe interessiert sich besonders für das „Heim“ der Familie und somit findet dort auch der erste Hausbesuch statt. Wir wollen sehen, fühlen und wahrnehmen, wie die Familie lebt und was ihr wichtig ist.

Nach der Aufnahme geht die Arbeit auch schon richtig los.

Aber: jeder nach seinem eigenen Möglichkeiten und nach seinem eigenen Rhythmus!

Die Eltern schnaufen meistens die ersten Wochen erstmal tief durch und kommen ein wenig zur Ruhe, denn in Rauschenberg gibt es starke, liebevolle und emphatische Menschen, die ihren Nachwuchs in ihrer Mitte aufnehmen. Die Kinder spüren wieder Lebensfreude, Leichtigkeit und Spaß bei den vielen Aktivitäten, die in der Gruppe angeboten werden. Schwerpunkte werden hierbei auf Bewegung und tiergestützte Interventionen gelegt. Es wird auf dem großen Hof „Fußball ohne Regeln“ gespielt, „Totenkopfläufe“ absolviert , ein kleiner Waldspaziergang gemacht, aber auch darauf geachtet, dass die Tiere versorgt und gepflegt werden und… und… und……und das steckt auch die Eltern an, sich zu verändern.
Individuell wird geschaut, was das Kind oder der Jugendliche zum Glücklich Sein braucht, aber auch was die Eltern brauchen. Einmal pro Wochen fahren die Familienberater nach Hause zu den Eltern und erarbeiten dort die nächsten Ziele für das gemeinsame Zusammenleben zu Hause. An den Wochenenden wird dies dann in der Praxis geübt und auch wieder gemeinsam in den Wochenabschlussgesprächen reflektiert. Somit findet eine ganz enge, vertraute gemeinsame Arbeit statt, die sowohl die Kinder, als auch die Eltern meistens nach kurzer Zeit als entlastend und hilfreich empfinden.

Nach dem ersten Vierteljahr läuft alles so super, dass es sich anfühlt, als ob wir alle wieder entlassen könnten;-).
Aber erst dann können wir gut ins Arbeiten kommen. Man hat sich kennengelernt und man findet plötzlich doch kleine Widerhaken, Minimonstereigenschaften, die sich gut versteckt haben…. Wir gehen gemeinsam aus der Komfortzone, motivieren, disziplinieren unsere inneren Schweinehunde, um dann den Erfolg auch zusammen zu feiern und zu genießen. In der Beratung schauen die Eltern wieder auf die positiven Eigenschaften ihrer Kinder und sehen sie nicht mehr nur durch die Negativbrille. Sie können familiäre Ressourcen entdecken und für sich wieder besser nutzen.
Einmal im Monat setzen wir uns mit allen Familien zusammen und besprechen Themen, die in jeder Familie vorkommen. An den Familientreffen diskutieren wir über das perfekte Kind/ die perfekten Eltern. Die Familien erstellen ein eigenes Familienwappen, wir spielen zusammen, wir erleben etwas
zusammen. Und an diesem Familiennachmittag gibt es auch immer eine Familienübung, bei der Kind und Eltern in Interaktion sind und sich bei Problemen Rat von den anderen Familien holen können.

Unsere Familien müssen bei uns sehr viel arbeiten und das auch oft noch neben dem eigenen persönlichen Arbeitsverhältnis. Das fängt schon damit an, dass die Kinder Sonntagabend von den Eltern gebracht werden und am Freitag wieder geholt werden müssen. Für viele bedeutet dies schon einen hohen logistischen und finanziellen Einsatz. Während der Woche haben die Eltern das Beratungsgespräch und am Freitagnachmittag findet das Wochenabschlußgespräch mit allen Beteiligten statt, bevor es ins „ Hoch-die-Hände-Wochenende“ geht. Und selbst am Wochenende müssen alle weiterarbeiten- an den Zielen, die sie für das Zusammenleben erarbeitet haben und die für ihre Familie wichtig sind.

Für unser Team und die Familien bedeutet das

– Maximaler Austausch untereinander in wöchentlichen Teamsitzungen und Wochenabschlussgesprächen
– Individuelle Förderung der Familien
– Respektvoller , partnerschaftlicher Umgang mit den Eltern ,denn die Eltern sind die Experten für ihr Kind
– Ein hohes Empathievermögen und gegenseitiges Vertrauen
– Gute Vernetzung mit den beteiligten Institutionen
– Maximale Offenheit
– Beratung und Begleitung in allen Lebenslagen.
– Die Familien mit einem guten Gefühl nach maximal zwei Jahren wieder zu entlassen.

Unsere Arbeit kann man mit einem Trainingslager vergleichen. In einem hohen Tempo kommen die Probleme und Krisen zum Bearbeiten auf den Tisch und fordern alle Beteiligten mit allen Sinnen. In unserem Team haben wir dafür das Spezialwerkzeug, zum Beispiel das Arbeiten im Wohlfühlraum ( Kindertherapeutisches Arbeiten), die Beratung in den Familien durch die Systemisch ausgebildeten Berater und Coaches, die kreative alltägliche Arbeit, beispielsweise Werken, Sport, Hausaufgabenbetreuung, Freizeitgestaltung, die Familientreffen in Anlehnung an die Multifamilientherapie und vieles mehr.

Das Ziel, die schnelle Rückführung, ist die größte Motivation.

Wir hoffen, dass wir euch einen kleinen Einblick in unseren tollen Arbeitsbereich geben konnten und unsere Begeisterung für unsere tägliche Arbeit mit den Familien spürbar ist.